Trendscout
“How can I help you today?”
Oder: Wie das Healthcare-Marketing von ChatGPT & Co. beeinflusst wird
“How can I help you today?”
Die wohl meistgestellte Frage im KI-Kosmos derzeit. ChatGPT hat uns im letzten Jahr tatsächlich schon oft helfen können – im Tagesgeschäft genauso wie bei Ideenpräsentationen.
Die anfängliche Ungewissheit, verbunden mit der Frage, für was die KI-Tools eigentlich zu gebrauchen sind, ist nach gut einem Jahr Erstaunen, Begeisterung und Pragmatismus gewichen. Wir können konstatieren, dass wir bei bestimmten Aufgaben effizienter, schneller und auch besser geworden sind. Dabei hat eine KI nicht immer die besseren Ideen hat als ein Mensch. Jedoch wird die Bandbreite an Ideen größer, wir verfügen über eine üppigere Auswahl, aus der wir schöpfen können und sind in der Lage, mit mehr Input in unseren eigenen Köpfen zu jonglieren.
Schon gehört?
Diesen Beitrag von Thilo Kölzer gibt es auch als Blogcast.
Das neue dAIly Business
Die Möglichkeiten von KI-Tools lassen sich unmöglich an einer Hand abzählen. Wir haben dennoch diese sechs Bereiche identifiziert, in denen KI im Marketing sinnvoll eingesetzt werden kann:
1.) Analyse
Heutzutage findet praktisch kein Marketing mehr statt, ohne dass etwas zu analysieren wäre – entweder bevor Maßnahmen ergriffen werden oder im Nachhinein zur Kontrolle. Seien es allgemeine Marktdaten, Zielgruppendaten oder in Zeiten der „next best action“ das voraussichtliche Userverhalten, mögliche Blickverläufe und weitere Scores.
KI-Tools sind hervorragend dazu geeignet, diesbezüglich valide und relativ genaue Ergebnisse zu liefern – und das in wenigen Sekunden. Angenommen Sie entwickeln ein Visual, welches Sie in der Bewerbung eines Produktes einsetzen möchten. Dieses Visual können Sie mit KI-Tools soweit inkrementell verbessern, dass mit einer Genauigkeit von ca. 88 Prozent vorhergesagt werden kann, wohin die Betrachter in den ersten drei Sekunden schauen werden. Das ist ungemein hilfreich bei klassischen Ads, eDetailing-Modulen, als auch bei Apps und webbasierten Kundenportalen – ganz zu schweigen von Webshops, bei denen die UX der ersten Sekunden entscheidend ist für eine Conversion und spätere Transaktion.
Im Marketing des Jahres 2024 ist es außerdem notwendig, die Wirksamkeit von Maßnahmen messen zu können, um aktuelle und zukünftige Budgets zu überprüfen. Die Zahlenanalyse per KI könnte da ein sehr nützlicher Helfer werden, denn wer ist schon 24/7 in der Lage, alle vorliegenden Daten zu aggregieren, überblicken und die richtigen Entscheidungen abzuleiten? Eine KI ist dazu in der Lage und könnte sogar rechtzeitig warnen, wenn sich andeutet, dass bestimmte Maßnahmen voraussichtlich nicht den gewünschten Erfolg bringen werden.
2.) Ideenfindung
Egal ob es um die Schaffung eines neuen (Produkt-)Namens, einer Kampagnenidee oder eines kreativen Sprungbretts geht – Tools wie ChatGPT und Midjourney können vielfältige Impulse setzen und regen neue Denkprozesse an. Entscheiden und machen muss der Mensch dann zwar selbst, aber genau das macht den Reiz des Zusammenspiels zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz aus: KI-erzeugte Ideen, auf denen man selbst aufsetzen kann; neue „künstliche Gedanken“, auf die man vielleicht nicht gekommen wäre oder künstlich erzeugte Wortkonstrukte, die neue kreative Richtungen aufzeigen. Denn man muss sich folgendes vorstellen: eine KI wie ChatGPT hat Zugriff auf einen schier unendlichen Datenschatz, sodass das Zusammenspiel mit der KI wie ein Akzelerator kreativer Impulse wirken kann – quantitativ als auch qualitativ.
3.) Strategie
Wie bei der Ideenfindung stehen auch bei der Strategieentwicklung die Impulse im Vordergrund, die man durch KI-Tools generieren kann. Eine KI ist derzeit alleine nicht in der Lage, eine passende Strategie zu entwickeln (die Betonung liegt hier auf „passend“). Vielmehr werden Anstöße geliefert, die man mit seinen eigenen Gedanken einordnen, bewerten und weiterentwickeln muss. Eine Strategie im Marketing kann beispielsweise auch bedeuten, eine Design-Strategie etwa in Form eines „Overall-Designs“, eines Design-Playbooks oder Mood-Boards zu entwickeln – und dabei kann eine visuelle KI wie Midjourney wertvollen Support leisten, indem die manuelle Fleißarbeit reduziert oder durch automatisierte Arbeitsschritte beschleunigt werden kann. Vor kurzem haben wir Midjourney dazu verwendet, ein Verpackungsdesign für ein gesundes Hundefutter zu entwickeln, welches in Supermärkten im Regal stehen wird – in einem solchen Fall hat das Packaging strategische Bedeutung, denn es entscheidet darüber, ob jemand ins Regal greifen wird oder nicht.
4.) Content
Die “Content Creation”, also die Erstellung von neuen Inhalten, ist meines Erachtens der KI-Bereich, der aktuell am weitesten fortgeschritten ist und der im Marketing-Alltag momentan auch am meisten einbringt. Überall dort, wo längere Texte geschrieben werden müssen, bringt eine KI Schnelligkeit und Effizienz ein. Natürlich müssen alle Inhalte weiterhin „von Menschenhand“ geprüft, gecheckt und – ganz wichtig im medizinischen Bereich – referenziert werden. Jedoch läuft die Arbeit mit einer KI dann immer noch schneller ab als ohne KI. Von daher gibt es hier einen echten Gewinn für den Marketing-Alltag. Wir haben hierfür einen eigenen KI-Content-Prozess entwickelt, der hier in unserem antwerpes-Blog näher beschrieben ist.
Wir haben diesen Prozess anhand der Website „Café Regellos“ des Pharmaunternehmens Gedeon Richter durchgespielt, bei der es um die Menopause und Wechseljahrsbeschwerden geht. Die dort verwendeten Texte wurden im Zusammenspiel zwischen KI und unseren Medical Writern entwickelt.
5.) Media
Der Media-Sektor ist seit Jahren in Bewegung und das klassische Mediageschäft, wie wir es seit Jahrzehnten kennen, könnte zum Auslaufmodell werden, zumindest was digitale Kanäle angeht. Warum ich das so absolut formuliere? Weil das Platzieren von Werbung, das Aushandeln von Preisen für eine bestimmte Platzierung und das Buchen von digitalen Werbemitteln prädestiniert dafür ist, komplett von einer Software gesteuert zu werden. Zudem liegen unzählige Daten und Erfahrungswerte aus circa 25 Jahren digitalen Werbetreibens vor – sprich: es gibt eine sehr gute Datenbasis.
Beides zusammengenommen, die Softwaresteuerung und die Daten, bilden im Grunde die perfekte Voraussetzung für eine zukünftige Übernahme dieser Aufgaben durch eine KI. Das kann soweit gehen, dass auch die Werbemittel an sich dynamisch generiert werden, je nachdem wer gerade draufschaut. Liegen Strategie, Visuals, Texte, Budgets, Zielgruppen und Ziele vor und sind diese dem KI-gesteuerten Media-System bekannt, ist das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes ein „Selbstläufer“. Einmal ins System eingespeist, kann eine KI die Werbung plattformübergreifend und ohne Streuverluste aussteuern.
Unternehmen wie Seedtag, die sich dem Contextual-Advertising verschrieben haben, sind bereits heute mittels KI in der Lage, die ausgespielten Werbemittel an den jeweiligen Kontext und Inhalt der Seite anzupassen, um die maximale Aufmerksamkeit für Kampagnen zu erzielen.
6.) Programmierung & IT
Die Programmierung als solche scheint auf den ersten Blick prädestiniert zu sein für den Einsatz von KI, basiert diese doch ebenfalls auf Software-Entwicklung. Da es bei der KI-orientierten Programmierung jedoch nicht nur um das Coden an sich geht, sondern vor allem um das Datentraining, gestaltet sich das Ganze etwas schwieriger als gedacht.
Natürlich gibt es mittlerweile Open-Source-LLMs (Large Language Models, auf denen z.B. ChatGPT basiert), sodass IT-Entwickler theoretisch in der Lage sind, ihr eigenes ChatGPT zu entwickeln, jedoch hapert es häufig an den Datenmengen, die ausreichend wären, um das LLM adäquat zu füttern und zu trainieren. Als Anhaltspunkt: Angeblich wurde ChatGPT-4 mit Hundert Billionen (100.000.000.000.000) Parametern – dies entspricht einer Textdatenmenge von ca. 45 Terabyte – gefüttert. Wenn die thematische Ausrichtung eines eigenen LLMs eingegrenzt würde, z.B. auf die Medizin oder auf ein Indikationsgebiet innerhalb der Medizin, sind zwar nicht ganz so viele Parameter notwendig, um die KI trainieren zu können, aber es wird deutlich, dass ein paar Hundert Seiten Inhalt aus medizinischen Studien eben auch nicht ausreichend sein werden, um eine sinnvolle Anwendung zu erstellen.
Was hingegen heutzutage schon sehr gut nutzbar ist, sind „AI Pair Programmer“ wie z.B. der Github Copilot (in diesem Fall hat übrigens OpenAI auch wieder seine Finger im Spiel). Der Github Copilot unterstützt beim Programmieren während des Programmierens, indem fehlerhafter oder unvollständiger Code automatisch vervollständigt oder korrigiert wird. Als Datenbasis dient die jeweils komplette Programmiersprache. Ein sehr sinnvolles Prinzip, welches im Alltag hilft, effektiver zu werden und Qualitätssicherung zu betreiben.
Und wie geht es jetzt weiter? Was wird der nächste Schritt der KI-Nutzung im Marketing? In Teil 2 meines Beitrags erfahren Sie, inwiefern Custom KI-Assistenten und „Corporate KIs“ dieses „next big thing“ darstellen dürften.
Hier geht´s zu Teil 2: The next big thing
In diesem Sinne: How can we help you today?
Autor
Thilo Kölzer ist CEO der antwerpes ag und berät Healthcare- und Pharmaunternehmen bei ihrer Digitalen Transformation. Seine langjährige Erfahrung in der digitalen Marketing- und Werbebranche macht ihn zu einem „Internet Explorer“ der ersten Stunde. Digitale Strategien, User Experience, Werbung und Suchmaschinenmarketing gehören ebenso zu seinem Kompetenzspektrum wie aktuelle Themen: Seamless Experience, Marketing Automation, Omnichannel, Virtual Reality, Augmented Reality, Web Apps, Bots und mehr. – Kontakt
Termin mit Thilo Kölzer vereinbaren
Bildquelle: Midjourney / Prompting: antwerpes